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Kinder an Ernährung beteiligen - schwerpunkthafte sprachliche Förderung

Im Spätsommer im Kindergartenjahr 2021/22 begann das Projekt im “Kinderhaus Mittendrin” in Darmstadt, über welches ich mit Freude berichten möchte. Dieses Projekt baut sich auf den gemeinsamen Erfahrungen der Nahrungszubereitung und den sprachlichen Austausch gemeinsam mit den Kindern unserer Kindertagesstätte auf. Häufig kann sich im Kindergartenalltag feststellen lassen, dass die Kinder den Bezug zu dem, was auf ihrem Teller oder in ihrer Brotdose liegt, verloren haben. Gerade wenn es darum geht, welchen Ursprung ihr Essen hat, besteht Unklarheit. Um Kinder an dem Thema Ernährung zu beteiligen, ist es wichtig, dass die Kinder wieder lernen dürfen, was Essen ist, wie es hergestellt wird und wie sich Nährstoffe auf ihren Körper auswirken. Der Bezug zur Nahrung kann durch gemeinsames Kochen und Essen, dem Gang zum Markt und auch im Supermarkt geschaffen werden. Auch die Kleinsten unter ihren können bereits in den Prozess der Nahrungszubereitung miteingebunden werden, da gerade diese eine große Sinneserfahrungen darstellt und die kindliche Neugierde gestillt werden kann. Gleichzeitig bieten diese Angebote Anregungen, die dem Kind ermöglichen, sich mit ihren eigenen Essgewohnheiten auseinanderzusetzten, und Potenzial, dass auch nachhaltige positive Beeinflussung auf Seiten der Kinder besteht.

In dem Projekt, welches sich über das gesamte Kindergartenjahr erstreckt und wöchentlich stattfindet, geht es nicht nur um den Bezug zu unseren Lebensmitteln, sondern gleichzeitig um die sprachliche Förderung der jungen Beteiligten. Denn die Förderung der sprachlichen Kompetenzen geht oft Hand in Hand mit dem kindlichen Tun im Prozess. Die ständige sprachliche Begleitung durch beispielsweise aktives Zuhören und dem Benennen von Lebensmitteln und ihren Eigenschaften, ist Teil des Projektes und somit der Lernprozesse der Kinder. Auch die Beschriftung auf thematisch passenden Plakaten, Fotos und Bilderkarten gehört zu der Aneignung der deutschen Sprache.

Die Lebensweltorientierung nach dem Erziehungswissenschaftler und Sozialpädagogen Hans Thiersch, ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Projektarbeit. Hier wird die Lebenswelt und auch das Umfeld der Kinder miteinbezogen. Die Kinder können in dem oben genannten sprachlichen Austausch, von ihren Esserfahrungen in ihrem eigenen Zuhause berichten und lernen diese zu reflektieren. Sie erzählen, wo und mit wem sie einkaufen, ob sie überhaupt beteiligt sind. Manche Kinder haben berichtet, wie sie Zuhause am eigenen Tisch essen. Ob mit Besteck oder den Händen, denn das ist je nach Kultur und Herkunft der Kinder und deren Eltern unterschiedlich. Auch hier entsteht ein Dialog, der zur Sprachförderung beiträgt.

Zusätzlich nimmt die Sozialraumorientierung eine wichtige Stellung ein. Im bisherigen Verlauf des Projektes haben wir über die verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten in unserem Stadtteil gesprochen und diese auch besucht. Wir waren gemeinsam auf dem Wochenmarkt im Martinsviertel und sind gemeinsam in den umliegenden Supermarkt gegangen. Hier haben die Kinder eigenständig die Verkäufer*innen nach Obst und Gemüsesorten fragen können und auch viele neue Lebensmittel mit ihrem Namen kennengelernt. Auch dem umliegenden Bauernhof sowie einer Imkerei in Darmstadt und Umgebung wird im weiteren Verlauf des Projektes ein Besuch abgestattet. Hier können die Kinder einen unmittelbaren Bezug herstellen, da sie an einem Workshop teilnehmen. In diesem Workshop können sie die direkten Nahrungsherstellungsprozesse beobachten und Teil von ihnen werden.

Der bedeutsamste Weg den Kindern den Sinn von gesundem Ernähren nahezubringen ist durch die Partizipation, also die Beteiligung. Denn allein die Nachteile des Konsums von weniger gesunden Lebensmittel aufzuzählen, ist häufig sinnfrei und wenig zielführend. Die Botschaft muss hier und jetzt auf die Kinder einwirken. Zum einen gehört dazu, den Kindern die kurzfristigen Vorteile einer ausgewogenen Ernährung darzustellen: “Das gibt dir Energie, macht dich stark. Vollkorn und Gemüse macht dich wach und fit.” Hauptsächlich jedoch wird die Botschaft in die Erlebnis- und Erfahrungswelt der Kinder eingebracht. Durch Geschichten, gemeinsame Erlebnisse, Einkaufen und Kochen und dabei den Wert von sinnvollem Essen hervorheben. Das führt dazu, dass Kinder Ernährungsregeln besser erfassen, da es über die Sinne und nicht über den Verstand vermittelt wird.

In Laufe unseres Projektes haben die Kinder und ich vieles dazugelernt. Die Kinder hatten die Möglichkeit, selbst Mehl zu mahlen, zu backen und kochen, mit den Händen zu schneiden, zu kneten, zu zerdrücken. Sie haben einige Sinneserfahrungen machen können: Mit und ohne verbundenen Augen an Lebensmittel riechen, sie anfassen, sie probieren. Dabei haben wir die Eigenschaften beschrieben und unsere Aussagen miteinander verglichen. Auch so geschah eine Wissensvermittlung in sprachlicher Auseinandersetzung.

Um zu einer Schlussfolgerung zu kommen, würde ich gerne betonen, dass die gesunde Ernährung im Fokus einer gesunden Entwicklung stehen und eine wichtige Rolle spielen sollte. Die Kinder befinden sich im Wachstum, körperlich und geistig, und brauchen bezogen darauf, schlichtweg mehr “Nahrung”. Hierbei kommt es in beiden Fällen auf die Qualität an. Kinder haben körperliche, soziale und emotionale Bedürfnisse. Wird eines davon nicht erfüllt, so geraten die Kinder aus ihrem Gleichgewicht. Durch die Vermittlung von einer gesunden Lebensweise, lernen die Kinder ihren Körper und dessen Bedürfnisse richtig wahrzunehmen und zu deuten. Das allerwichtigste ist, dass das Kind sich gesund erhält und die Förderung bekommt, die es braucht, um sich zu einer eigenständigen und gesundheitsbewussten Persönlichkeit zu entwickeln.

Nicole Höllwarth, Erzieherin im “Kinderhaus Mittendrin” in Darmstadt.


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